Im Jahr 2006 erfolgte im Zuge der vorliegenden Diplomkartierung die detaillierte Geländeaufnahme eines knapp 10 km2 großen Geländestreifens im Gebiet des Lodrons zwischen Kelchsau und Rettenbach. Geologisch betrachtet wurde im Grenzbereich zwischen der oberostalpinen Nördlichen Grauwackenzone und dem unterostalpinen Innsbrucker Quarzphyllit kartiert. Der von OHNESORGE & AMPFERER (1918) beschriebene nördlichste Vorstoß von Innsbrucker Quarzphyillit konnte generell nicht bestätigt werden.
Das gesamte Gebiet wird lithologisch vorwiegend aus mehreren 1000 m mächtigen, fossilfreien Metasiliziklastika der Glemmtal-Einheit aufgebaut. Es handelt sich hierbei um höher beanspruchte Metasiltstein-Metatonstein-Wechselfolgen mit der Petrographie zyklischer Grauwacken- bis Subgrauwacken-Sequenzen. Mikroskopisch und makroskopisch zeigen sich Gefüge unter hohen Strain- und Stressbeanspruchungen, wie sie im Grenzgebiet zu Innsbrucker Quarzphyllit bekannt sind.
Mehrere staffelartig auftretende Linsen aus dem epiklastischen Äquivalent des Blasseneck-Porphyroids sind in die Metasedimente eingeschaltet. Als stratigraphische, oberordovizische Zeitmarker scheiden sie im Kartiergebiet die ältere Jausern-Formation im Liegenden von der jüngeren Löhnersbach-Formation im Hangenden. Zudem durchschlägt im W ein intermediärer Lagergang aus Diorit die phyllitischen Metasedimente akkordant.
Entlang des Gipfelplateaus von Lodron und am Salventalgraben finden die sedimentären Einheiten einen scharfen, diskordanten Übergang zu zwei mächtigen Gesteinszügen aus Kellerjochgneis. Gefügekundliche Analysen beweisen eine Stellung der Körper als tektonische Klippe bzw. reliktische Deckenfragmente. Ihre Platznahme erfolgte im Zuge tertiärer Sprödtektonik.
Das Postulat TOLLMANNs nach einer mittelostalpinen Positionierung dieser Metamagmatite wird für den Ausschnitt des Kartiergebiets nicht bekräftigt. Die Kellerjochgneise liegen unzweifelhaft über den Metasedimenten der Nördlichen Grauwackenzone überschoben vor und indizieren inverse Lagerungsverhältnisse zwischen Oberostalpin und "Mittelostalpin".
Mittels Dünnschliffanalyse wurden zwei ähnliche Lowgrade-Regionalmetamorphosen in den Metasedimenten nachgewiesen. Tektonische Untersuchungen beweisen drei Deformationsereignisse innerhalb der Metasedimente. Die Kellerjochgneise zeigen Indizien einer vierfachen Überprägung mit einem gering höher temperierten Metamorphosepeak.
Darüber hinaus werden im Aufnahmegebiet die recht einheitlich harmonischen Feinsiliziklastikaverzahnungen im SW und E von einer Reihe unterschiedlich stark durchschneidender, tertiärer Störungssysteme unterbrochen. Es handelt sich vorwiegend um dextrale und sinistrale Blattverschiebungssysteme eines spröden bis semiduktilen Milieus. Diese werden über lokale Rotationsbewegungen größerer Festgesteinsschollen eindeutig erfasst.